Konzept
Ein Instrumentalist sollte klassische Konzerte mit dem grundlegenden Verständnis spielen, dass der Musiker eine Brücke zwischen dem musikalischen Text und dem Zuhörer bildet. Der Künstler muss den Notentext übersetzen, die musikalische Information zum Leben erwecken und die geschriebenen Noten vom Papier in Klang verwandeln und dem Hörer vermitteln.
Auf dieser Erkenntnis basiert die Methodologie der Musethica-Ausbildung, die darauf abzielt, die Fähigkeiten von Musikern zu verbessern, musikalische Vorstellungen mit ihrem Instrument zu transportieren. Nachdem ein Instrumentalist hohe motorische Fertigkeiten entwickelt hat, muss er diese einsetzen, um musikalische Ideen zu gestalten. Anders ausgedrückt: Die physische Bewegung muss auf intuitive Weise, quasi automatisch, ausgeführt werden, um eine gewisse künstlerische Idee, basierend auf dem musikalischen Text, auszudrücken.
Um diese komplexe, intuitive Fähigkeit zu entwickeln, muss ein Musiker regelmäßig vor Publikum auftreten. Genau dieses essentielle Element fehlt jedoch im traditionellen Ausbildungssystem der klassischen Musiker. Musikhochschulen bieten ihren Studierenden nur eine geringe Anzahl an Auftrittsmöglichkeiten – meist in Form von Klassenvorspielen, die ein oder zwei Mal im Semester stattfinden. Bei diesen Konzerten steht der Student unter hohem psychologischem Druck: Er wird von Mitstudenten und Professoren bewertet. Diese Konzerte wirken wie eine Prüfung. In einer solchen Situation ist es fast unmöglich, der musikalischen Vorstellungskraft freien Lauf zu lassen. Die Studierenden spielen unter Stress, empfinden Angst, Scham und Wettbewerbsdruck. Es ist bekannt, dass diese negativen Gefühle die Kommunikation zwischen dem frontalen und automatischen Bereich des Gehirns stören. Doch als exzellente Interpreten müssen Musiker und Musikerinnen genau diesen intuitiven Bereich des Gehirns trainieren, um nicht nur „technisch“ oder „mechanisch“ sondern „musikalisch“ und „künstlerisch“ zu spielen.
Die Unterrichtsmethode
Lehrende und Studierende
Die jungen Musiker, die Mentoren und das Repertoire werden sorgsam ausgewählt nach den Kriterien Exzellenz und Qualität.
Lehrende im Musethica Programm werden als Mentoren angesehen: Sie bereiten die Konzerte mit den jungen Musikern in Meisterkursen vor. Ein besonderes Merkmal des Musethica Programms ist, dass die Mentoren gemeinsam mit den jungen Musikern auftreten. Dies stellt eine besondere Herausforderung für die jungen Musiker dar. Die Interaktion zwischen Lehrenden und Studierenden während der gemeinsamen Proben und Konzerte ist ein zentrales Element des Musethica Ausbildungsprogramms.
Bei bestimmten Musethica-Aktivitäten – einigen Workshops und bei Festivals – residieren die Mentoren und jungen Musiker gemeinsam in einem Haus. Dies stärkt die Zusammenarbeit und die Beziehung zwischen Studierenden und Lehrenden und ermöglicht, ein intensiveres Arbeiten, fördert den Erfahrungsaustausch und das Lernen von- und miteinander.
Publikum
Das Musethica Publikum unterscheidet sich vom gewöhnlichen Konzertpublikum und ist ein ehrliches, anspruchsvolles Publikum. Die Konzerte in sozialen Einrichtungen richten sich an ganz unterschiedliche Zuhöhrergruppen, von Kindern bis alten Menschen, besonders an Menschen, die benachteiligt sind (Immigranten, Menschen mit Behinderungen, alte Menschen etc.) sowie Menschen die sozial ausgegrenzt bzw. von sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Diese Personen haben in der Regel keine oder nur wenig Erfahrung mit klassischer Musik und klassischen Konzerten. Die sozialen Musethica-Konzerte finden vor Ort in den Räumlichkeiten der sozialen Einrichtungen statt wie Gemeinschaftsräume, Sporthallen, Warteräume, Unterrichtsräume oder Cafés. Dies ermöglicht Nähe und Interaktion zwischen den Musikern und dem Publikum. Sich auf die unterschiedlichen Räumlichkeiten einzustellen und akustische Schwierigkeiten zu überwinden stellt erhöhte Anforderungen an die Musiker und belohnt sie mit einer direkten Verbindung mit dem Publikum.